Containerunterkunft in Gorbitz befürwortet

Am Mittwoch, 19.04.2023 tagte der Stadtbezirksbeirat Cotta im Ratssaal im Neuen Rathaus. Der große Raum im Zentrum von Dresden wurde gewählt, weil mit vielen Besuchern der Sitzung gerechnet wurde. Große Räume gibt es momentan im Stadtbezirk Cotta nicht. Das Rathaus Cotta wird noch saniert und der Ausweichstandort Aula Gymnasium Cotta ist dafür zu klein.

Grund für das vermutete, hohe Interesse an der Sitzung ist die Vorlage: V2082/23 (“Unterbringung asylsuchender Menschen – Standorte zur Errichtung von Unterkünften in modularer Bauweise (mobile Raumeinheiten)“) mit einem konkreten Standort für eine “Containerunterkunft” am Altgorbitzer Ring in Gorbitz.

Gekommen sind am Ende “nur” knapp 60 Besucher, die sich einer Taschenkontrolle unterziehen mussten und z.B. keine Getränke mit rein bringen durften. Damit wurden weniger als die Hälfte der freien Plätze genutzt. Die Situation war entsprechend nicht vergleichbar mit den Sitzungen vor zwei Tage in Schönfeld-Weißig oder auch vor wenigen Wochen in Prohlis.

Zuletzt gab es 2014 eine Sitzung mit so einem großen Interesse (siehe Ortsbeirat Cotta befürwortet Vorlage für zusätzliche Übergangswohnheime). Damals kamen ungefähr 150 Besucher in den Sitzungssaal des Rathaus Cottas und die Stimmung war sehr angespannt.

Dieses Mal lief es entspannter. Das Publikum hat die ersten zwei Stunden bis zur Möglichkeit von Wortmeldungen aufmerksam zugehört. Es gab keine Zwischenrufe, wie man es aus anderen Sitzungen gehört hat. Das war durchaus nicht zu erwarten. Man kann nur spekulieren, woran das lag. So haben die sog. “Freien Sachsen” zu den Sitzungen in Blasewitz und Cotta nicht speziell aufgerufen und stattdessen zeitgleich nach Altleuben mobilisiert. Die Mobilsierungskraft der AfD scheint dagegen gering zu sein.

Gut vier Stunden haben die Sozialbürgermeisterin Dr. Kristin Kaufmann, dem Projektleiter Sven Mania und Herr Knappe vom Sozialamt die Vorlage vorgestellt und Fragen der Stadtbezirksbeirät*innen sowie der anwesenden Bürger*innen beantwortet.

Hintergrund der ganzen Anstrengung der Stadtverwaltung ist, dass dieses Jahr ca. 2200 neuen Asylsuchenden gerechnet wird. Natürlich kann man das nicht genau schätzen. Aber das ist die Plangröße mit der nun gearbeitet wird. Für diese große Anzahl von Menschen reichen die aktuellen Unterkünfte in Wohnungen und Heimen nicht aus. Auch die Anmietung von Hotels kann das nicht abfedern. Entsprechend droht erneut die Nutzung von (Schul-) Turnhallen oder der Messe. Beides will man ausdrücklich vermeiden.

Geprüft wurde deshalb kommunale Grundstücke, die für die Errichtung von Unterkünften mit “Mobilen Raumeinheiten” (Container) für ca. 2 Jahre genutzt werden können um die aktuelle Welle abzufedern und in der Zwischenzeit ggf. dauerhafte Unterkünfte herzustellen.

Parks und Grünflächen wurden ausgenommen und so kam man auf 29 Grundstücke, die geprüft wurden. Dabei sind dann 9 Standorte übrig geblieben, die die Stadtverwaltung als realisierbar hält – auch wenn kein Standort ideal ist.

Am vorgeschlagenen Standort Altgorbitzer Ring sollen 48 Plätze für Erwachsene errichtet werden. Familien werden an an anderen Standorten untergebracht. Für sie werden die Wohneinheiten anders zusammengestellt (Küche und Bad innerhalb der Wohneinheit statt Gemeinschaftseinrichtungen).

Das Gelände wird eingezäunt und es wird Zugangskontrollen durch einen Wachdienst geben. Wobei vom Grundstück nur der kleinere Teil neben dem dm-Markt genutzt und eingezäunt wird. Die größere Fläche, die stark zugewachsen ist und ein archäologisches Flächendenkmal enthält, wird voraussichtlich nicht angetastet.

Neben Wohncontainern gibt es Container für Sanitäreinrichtungen, Küche sowie ein Mehrzweckraum. Die Nutzung des Mehrzweckraums ist auch für ehrenamtliche Inititativen denkbar. Das müsse aber mit der Heimleitung abgesprochen werden, die hier das Hausrecht hat.

Besonders interessant waren natürlich die Wortmeldungen der direkten Anwohner*innen am Altgorbitzer Ring. Ein Bürger lobte ausdrücklich die gute Gesprächsatmosphäre und das ausführliche Abwägen von Für und Wider. Er fühle sich auch nicht unsicher in Gorbitz obwohl er viel zu Fuß unterwegs ist. Auch von seinen bekannten aus dem Seniorenclub sei ihm nichts dergleichen bekannt.

Eine andere Anwohnerin, die seit 21 Jahren in Gorbitz am Altgorbitzer Ring wohnt, fühlt sich dagegen schon jetzt unsicher und hat 300 Unterstützerunterschriften gegen den neuen Standort der Asylunterkunft bei Nachbar*innen gesammelt.

Sören Bär vom Omse e.V. sah die zusätzlichen 48 Menschen locker im Vergleich zu den insgesamt 1050 Ausländern (laut Statistik), die allein letztes Jahr neu nach Gorbitz gezogen sind. Er kritisiert, dass nur über Asylsuchende gesprochen wird. Dass diese Menschen nach der Anerkennung selbst Wohnraum anmieten und manchmal nur eine Tür weiter ziehen, wird ausgeblendet. Probleme gibt es auch durch immer mehr EU-Ausländern, die ja völlig frei sich Wohnraum suchen können. Diese Themen werden nach seiner Wahrnehmung nicht von der Politik und der Verwaltung gesehen. Frau Kaufmann hat angeboten, mit ihm ins Gespräch zu kommen.

Auch die Revierleiterin des Polizeireviers Dresden-West, Maria Meißner war anwesend und hat ihre Einschätzung abgegeben. Sie bestätigte, dass es in Gorbitz Kriminalitätsschwerpunkte gibt. Es sei aber nicht so, dass Migranten daran alleine beteiligt sind noch dass mit dem steigenden Anteil von Migranten sich die Situation verschlechtert hat. Singuläre Ereignisse, wie gesprengte Zigarettenautomaten kommen zwar z.B. vermehrt vor, sind aber nicht auf Gorbitz begrenzt. Die Polizei ist vor Ort und wird auch das zukünftige Heim bestreifen.

Michael Kobel von Willkommen in Löbtau e.V. hat die Angebote des Willkommensnetzwerkes kurz umrissen und die Unterstützung des Vereins angeboten. Er hat auch darauf hingewiesen, dass wir akuten Fachkräftemangel haben und es auch Möglichkeiten für abgelehnte Asylsuchende gibt, wenn sie eine Ausbildung machen und/oder in entsprechenden Berufen arbeiten. Dazu seien Sprach- und Integrationskurse von Beginn an nötig.

Beschlüsse

Am Ende der Debatte gab es mehrere Ersätzungs- und Ergänzungsanträge. Die Ersetzungsanträge kamen von der AfD und den Freien Wähler. Da diese Anträge am weitesten vom ursprünglichen Beschlusstextes abweicht, werden diese zuerst abgestimmt. Beide wurden abgelehnt.

Ein weiterer Ergänzungsantrag der AfD will die Laufzeit des Standorts auf maximal 2 Jahre begrenzen. Dieser Antrag wurde mit 10 Ja, 3 Nein und 5 Enthaltungen angenommen. Dieser Punkt wurde auch vom Integrations- und Ausländerbeirat in seiner Beschlussempfehlung genannt.

Von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die LINKE sowie der FDP wurde ein gemeinsamer Ergänzungsantrag mit 7 Punkten vorbereitet, die die Situation für die Geflüchteten aber auch für die Anwohner in Gorbitz verbessern soll. Dieser Ergänzungsantrag wurde ebenso angenommen mit 9 Ja, 8 Nein und 1 Enthaltung.

Schließlich wurde der ergänzte Beschlusstext mit 9 Ja, 8 Nein und 1 Enthaltung angenommen.

Das Votum des Stadtbezirksbeirats hat nur beratenden Status. Das heißt, die finale Entscheidung trifft der Stadtrat voraussichtlich am Do, 11.05.2023.

Nach der Abstimmung um ca. 22:30 Uhr wurde dann die Tagesordnung der Sitzung weiter abgearbeitet. Eine Ende war dann erst um 0:30 Uhr. Dabei konnten zwei Vorlagen nicht mehr besprochen werden. Eine so lange Sitzung habe ich in all den Jahren nicht erlebt.

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Grüner Stadtbezirksbeirat, Software-Entwickler und Linux-Administrator, Rad- und Bahnfahrer, Löbtauer seit 1998, Co-Sprecher der Löbtauer Runde

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